Mittwoch, 19. Juli 2017

"Dreiherrensäule" unterhalb des Tollensteins an der "Alten Prager Straße"…

Ein Gastbeitrag von Werner Schorisch, Zittau

Beim "Jakobi", die Jakobussäule an der "Alten Prager Straße".
Diesem Bildbericht über einen Ausflug in Nordböhmen sind zunächst zwei Landkartenausschnitte (Karte 01 und 02) vorangestellt, die einige lohnende Ausflugsziele zeigen, wie z.B. den Tannenberg (Jedlová), den Tollenstein (Tolštejn) und den Kreuzberg (Křížová hora) bei St. Georgenthal.

Unser heutiger Weg wird uns zu keinem der vorgenannten Ziele führen, sondern zum "Jakobi" (Sloup sv. Jakuba), zur "Dreiherrensäule" (Třípanský sloup) und dem "Hirschenstein" (Konopáč):


Wanderkarte, Ausgabe Ausgabe 1940


Wanderkarte, Ausgabe Ausgabe 2017


Kapitell der ca. 2,70 m hohen Jakobussäule.

Sockel der Jakobussäule deren Ursprung im 18 Jh. liegt.

Während der wechselvollen Geschichte dieser Säule, trug sie einst die Figur des Apostels Jakobus des Älteren, des Beschützers der Pilger und Wanderer, also auch der Reisenden, die früher die Alte Prager Straße benutzten. Die Errichtung der Säule veranlasste wahrscheinlich ein begüterter Handelsmann, dem hier ein Überfall oder ein anderes Unglück gedroht hat.

Das Relief im Sockel zeigt einen sich erhebenden Hirsch, unter dem sich ein Mann mit einem hängendem Gewand und einem Birett befindet. Nach einer älteren Beschreibung hatte die Figur in der Hand ein gezogenes Schwert, das heute kaum mehr sichtbar ist (lt. Dr. F. Hantschel Nordböhmischer Touristenführer, B. Leipa 1907).


Bei meinem letzten Besuch beim Jakobi flogen einige Blutzikaden (Cercopis vulnerata) in den dortigen Farnen emsig hin und her, wovon ich einmal drei Aufnahmen hier mit einfüge.



Nun wurde in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bildstock "Bein Jakobi", in südlicher Richtung an einer Weggabelung im Juli 2016 eine neue Dreiherrensäule (Třípanský sloup) aufgestellt, in Erinnerung an eine Säule mit historischen Hintergrund.


Ein Rastplatz an der neuen Dreiherrensäule, an dem sich eine Pause empfiehlt.


Die Dreiherrensäule, mit der Sichtfläche "Kamnitzer Herrschaft", mit stilisiertem Wappen derer von Kinsky, denen Kamnitz i.B. ab 1614 gehörte.


Das Wappen derer von Kinsky.

  
Die Dreiherrensäule, mit der Sichtfläche "Herrschaft Reichstadt", mit stilisiertem Wappen derer von Sachsen-Lauenburg, denen ab 1632 Reichstadt gehörte.


Das Wappen derer von Sachsen-Lauenburg.


Die Dreiherrensäule mit der Sichtfläche "Rumburger Herrschaft", mit stilisiertem Wappen derer zu Lichtenstein, denen ab 1681 die Grundherrschaft Rumburg gehörte.


Wappen derer zu Liechtenstein

Historisch belegt ist, dass an dieser Weggabelung drei Herrschaftsbereiche zusammenstießen und man wegen der häufigen Grenzstreitigkeiten eine Grenzsäule errichtete, die an der Spitze die farbig dargestellten Wappen der drei Herrschaften trug. Es waren die Herrschaften Kamnitz (Kamenice), Reichstadt (Zákupy) und Tollenstein (Tolštejn) später Rumburg (Rumburk). Diese sehr attraktive dreieckige Säule mit gewölbten Kanten und konkaven Seitenwänden wurde aus dem Quarzit der Steinbrüche der Burgruine Mühlstein angefertigt und soll im Jahre 1705 aufgestellt worden sein.

Im Herbst 1999 wurde diese historische Säule leider gestohlen. Umso mehr ist das Engagement von Vereinen und Einzelpersonen zu würdigen, die es möglich gemacht haben, eine neue Säule auf dem alten Fundament zu errichten.


Ausschnitt aus einer historischen Landkarte von 1739 mit dem Punkt NB (Standort der Dreiherrensäule.


Ausschnitt aus einer historischen Landkarte von 1739 mit der attraktiven Dreiherrensäule aus der Renaissancezeit.


Blindschleiche



Schon nach kurzer Zeit haben wir den markanten Felsen, den Hirschenstein auf dem Bergrücken erreicht, der mit einer Höhe von 676 m in der Wanderkarte ausgewiesen ist.


Wer schwindelfrei ist, und ein bisschen Kraxeln mag, der kann auch die höchste Stelle dieses Felsens erklimmen. Man kann am Felsen vorbei gehen und von hinten relativ einfach den Aufstieg probieren. Bei guten Sichtverhältnissen hat man von dort oben einen herrlichen Blick in die weitere Umgebung, wie nachfolgende Bilder zeigen.


Hier ein wunderschöner Blick zum nahen Tollenstein.


Beim Blick in südwestliche Richtung kann man hinten links Steinschönau (Kamenický Šenov) erahnen und rechts den dominierenden Schönauer Berg (Šenovský vrch) mit 632 m Höhe, davor ganz rechts sieht man den Schäferberg (Ovčácký vrch) mit 623 m Höhe.

Im Vordergrund in der Mitte liegt der kleine malerische Ort Kittlitz (Kytlice).


Hier geht der Blick vorbei am Tollenstein zum 583 m hohen Kottmar. Rechts vom Tollenstein am Horizont kann man den Ort Kottmarsdorf erahnen. Die Windkraftanlagen in der Mitte des Bildes befinden sich bei Leutersdorf auf dem Wacheberg unweit der "Karasek-Schenke".


Solange es die Wuchshöhe der Bäume zulässt kann man vom Hirschenstein aus den 774 m hohen Tannenberg noch gemeinsam mit dem Tollenstein auf einem Foto festhalten.

Auf dem Rückweg konnte ich dann noch ein paar Schmetterlinge fotografieren.


Vier Baum-Weißlinge (Aporia crataegi) auf dem Forstweg bei der Nahrungsaufnahme.



Mit diesen Eindrücken möchte ich den Beitrag für diese Wanderung abschließen und hoffe dem interessierten Leser Anregung gegeben zu haben, diese Ausflugsziele aufzusuchen. Es bleibt neben dem kulturhistorischen Erlebnis in erster Linie ein eindrucksvolles Landschafts- und Naturerlebnis. Weitergehende Fragen werde ich nach Möglichkeit beantworten.

Viel Spaß und Freude beim Nachwandern dieser Tour! Werner Schorisch

2 Kommentare:

  1. Aus der Ferne kann man diese schöne Wanderung intensiv am PC genießen.
    Geschichtlich ist es diesmal ein Leckerbissen. Dazu muss man mit viel Mühe ein Böhmisches Wappenbuch und diese Landkarte von 1739 aus dem Netz "ziehen". Der Tscheche Johann Joseph Dietzler, ein Kartograph, hat diese Dreiherrensäule exakt
    aufgenommen. Warum der Fürst Kinsky diese Wolfszähne im Wappen hat, dass kann sich
    jeder vorstellen.
    Nun schreibt der Autor, dass tschechische Enthusiasten im Jahre 2016 eine neue Säule mit eigener Mühe, Fleiß und Geld aufgestellt haben.
    Nun erhebt sich die Frage: wer hat nun dort nach einem Jahr gefrevelt und in jedes der drei Wappen mehrfach hinein gehackt und sie beschädigt?
    KuWePe

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    1. Hallo KuWePe, es freut mich wenn dieser Beitrag mit kulturhistorischem Hintergrund Euch gefallen hat. Vielleicht sind ja diese zusätzlichen Angaben zu den Bildern für den einen oder anderen Leser zugleich Anregung für weitergehende und spannende Recherchen.
      Neben Dietzler gab es den "K.K. Repräsentation- und Kammer-Landmesser Johann Joseph Mann", der ebenfalls diesen Plan zur Dreiherrensäule 1745 zeichnete (dieser Plan wurde übrigens mit den entsprechenden Siegeln und Unterschriften der Herrschenden versehen), womit die Grenzstreitigkeiten in diesem Landstrich damals behoben waren.
      Was die leidvollen Beschädigungen an der derzeitigen Dreiherrensäule betrifft, so werden wir wohl mit diesen "geistig gestörten" Mitmenschen, die so etwas anrichten, leben müssen, so wie auch schon unsere Vorfahren. So fehlte z.B. der Kopf der ursprünglichen Säule mit den Wappenzeichen schon anfangs des 20. Jh.
      Wie man nachlesen kann, wurde eine Restaurierung der Säule 1927 beendet.
      Viele Grüße Werner Schorisch

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